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Lesedauer:
5 Minuten

Nice to Media: Was 2023 über unsere Bildschirme flackerte

Veröffentlicht am:
4.3.2024
Nice to Media: Was 2023 über unsere Bildschirme flackerte
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Check-in

Wir haben uns den Media Use Index 2023, erstellt von Wunderman Thompson & Essence Mediacom, angeschaut. Es ist die meist geteilte Studie zu diesem Thema und zwei Dinge sind schnell klar: Erstens, ja, das Internet. Zweitens, vor lauter Daten verliert man schnell das Medium aus den Augen. Am spannendsten sind deshalb auch die Spezial- und Grenzfälle. Die kleinen Dinge, die nicht sofort offensichtlich sind. Ein paar davon haben wir hier für euch gesammelt.

Wherever, whenever

Viele Medien, viele Geräte, fragmentiert, heterogen, wechselhaft. So lässt sich grob das Mediennutzungsverhalten der Schweizer:innen beschreiben. Wir verwenden Medien mit einer gewissen Lockerheit: Wir nehmen uns, was wir wollen, auf dem Gerät, welches uns passend erscheint. Vorbei sind die Zeiten, in denen ein Medium seine Nutzung erzwingen konnte wieder alte Schwarzweissfernseher in Omas Küche. Das Kino findet am Beamer, auf dem Handy wie auch in Saal statt, ebenso hören wir Podcasts im Auto, als Video auf dem Laptop oder unterwegs auf dem Tablet. Durch die ständige Verfügbarkeit von 5G, LTE und WLAN sind wir kaum mehr an einen Ort gebunden, und es ergeben sich Überschneidungen, Vermischungen und Synergien. Das Gute daran: Abseits der ausgetretenen Kanäle finden sich immer wieder Nischen, die ungeahnte Chancenbieten können.

Clip ist nicht gleich Video

Ein Beispiel für diese Heterogenität findet sich bei den Video-Kategorien im Online-Bereich: Kurzvideos zwischen einer und fünf Minuten werden zwar am meisten angesehen, aber die Häppchenformate unter einer Minute liegen abgeschlagen auf dem 6. Platz, überholt von Long-Form-Content wie zum Beispiel Erklärvideos oder gar Dokumentarfilmen. Es gibt aber auch geschlechtsspezifische Unterschiede: Männer schauen lieber Kurzvideos und Dokumentarfilme, Frauen interessieren sich mehr für Erklärvideos und snackable Content. Für eine Content-Strategie ein entscheidender Insight, auch wenn die Trennlinie zwischen «kurz» und «snackable» keineswegs scharf gezogen werden kann.

Neue Inhalte in alten Schläuchen?

Wie so oft ist es wichtig, genau hinzuschauen. TV war 2023 ganz hoch im Kurs. Als am dritthäufigsten genutztes Medium liegt es nur einen Prozentpunkt hinter Social Media. 4.2 Millionen der Schweizer:innen ab 15 Jahren konsumierten täglich Fernseh-Inhalte. Bitte was? Die Analyse zeigt, der Grund, warum sich TV so gut behauptet, ist das Internet: In der Nutzungsmetrik von TV wird Streaming oft inkludiert und dann nach Kabel, terrestrisch und dem Rest aufgeschlüsselt. Und genau dieser «Rest» ist entscheidend. Streaming TV ist nicht dasselbe wie lineares Fernsehen, da es Liveübertragungen und On-Demand-Content zusammenfasst. So betrachtet wird ein weiteres Mal deutlich, wie das Internet seinen Platz als Leitmedium gesichert hat: Indem es etablierte Medien verschluckt. Dies sorgte dann auch für Verschiebungseffekte. Während Streaming TV insgesamt hoch im Kurs blieb, mussten die Branchenleader in verwandten Gebieten Verluste hinnehmen: YouTube und Netflix büssten 2023 viel an Zugkraft ein. Eine gewisse Sättigung stellt sich ein und vor allem Männer unter 35 haben Netflix den Rücken gekehrt [1].


Die Frage nach den Mediengrenzen bleibt spannend. Zählt eine News-Podcast-Folge, die live auf YouTube gestreamt wird, zu TV, Streaming, Podcast oder Online Video? Praktisch alle Studien werten die Zuteilungen anders. Das wiederum erschwert die Analyse Nutzungsstatistiken für Werbetreibende. Manch ein Medium, das nicht auf den ersten Plätzen rangiert, hat verstecktes Potential. Wichtig ist immer auch die Art und Weise der Nutzung. 

Eine erstaunliche Ausnahme muss hier noch am Rande erwähnt werden: Der gute alte Teletext erlebte 2023 ein echtes Revival, zusammen mit dem physischen Kinobesuch, der 2023 fast Vor-Corona-Besucherzahlen erreichte. Das zeigt, dass Vorhersagen nicht immer einfach sind und totgeglaubte Medien durchaus länger leben. Wer hier die Trends erkennt, kann sie sich zunutze machen. Wer hat in letzter Zeit Werbung auf Teletext geschaltet?

Mögen die Spiele beginnen

Nicht neu ist, dass Gaming im Mainstream angekommen ist. Jährlich kann dieser Sektor Zuwachs verzeichnen, 5% waren es im Jahr 2023. Interessant ist jedoch, dass nicht nur das aktive Spielen beliebt ist, sondern auch Gaming als Zuschauerspektakel, wie der Report vermerkt: 40% schauen Gaming- Livestreams, zum Beispiel auf Plattformen wie Twitch, bei der Gruppe unter 25 sind es sogar mehr als 80%. Das sind beachtliche Reichweiten. Im laufenden Jahr verzeichnet Twitch im Schnitt 2.62 Millionen Zuschauer:innen auf 107’000  Kanälen.[2] Gleichzeitig. Für ein Nischenmedium finden wir hier grosses Potential für denZugang zu einer jungen, globalen Zielgruppe, wobei mit sorgfältiger Wahl ein genaues Targeting erzielt werden kann, zum Beispiel durch Sponsoring eines spezifischen Streamers. Im Zuge des «Valuetainment»-Trends eröffnet sich hier ein neues Video-Modell mit Zukunft.

«Influencer und Influencerinnen (sind) inzwischen ein ernst zu nehmender Kanal für Marken, nicht nur als Content Creators, sondern entlang des kompletten Funnels. Sie begleiten die Customer Journey bis hin zum Sale, denn der findet immer häufiger online statt.»

-Peter Petermann, Head of Strategy bei EssenceMediacom

Streame, wie du willst

Auch weicht sich das ursprüngliche Versprechen dieser Kanäle immer mehr auf. Ein Abo für alle Inhalte gilt seit Premium Content und Exklusivverträgen nicht mehr. Die Studie bestätigt es: Im Schnitt verfügen die Schweizer:innen über mindestens zwei Abos. Das erinnert doch an das Kabelfernsehen, das wir über denselben Flat-Screen-TV schauen. Der Unterschied liegt in der Form, wie die Mitgliedschaft bei den Anbietern gehandhabt wird. Ein Streaming-Abo lässt sich leicht kündigen, erneuern, oder einfach mal einen Monat aussetzen, weil man die eine Serie gesehen hat und die neue bei einem anderen Anbieter zu finden ist.

Die vertraute Stimme der Podcasts

Bei vielen nicht auf dem Radar sind Podcasts. Vielleicht zu Unrecht? Sie gehören zwar definitiv nicht zu den Leitmedien, können aber auf ein treues Publikum zählen. Mit etwa 50% Nutzungsrate pro Monat sind Podcasts laut dem Media Use Index 2023 weit abgeschlagen. Trotzdem bieten sie für Werbetreibende einen entscheidenden Vorteil: Keine Werbung wird weniger weggeklickt, weggezappt, oder überscrollt wie jene in Podcasts. Das mag mit der spezifischen Handhabung zu tun haben. Podcasts hört man, wenn man etwas anderes tut. Beim Sport, beim Kochen, beim Autofahren. Also immer dann, wenn man in der Regel keine Hand frei hat, um 30 Sekunden Werbung wegzudrücken. Auch wird diese Werbung von Menschen vermittelt, mit denen wir eine gewisse Vertrautheit verbinden. Podcasts werden abonniert und mit einer Regelmässigkeit konsumiert, wie heute Netflix-Serien oder früher Radioshows. Den Expert:innen, Unterhalter:innen oder Interviewpartner:innen, die wir abonniert haben, hören wir mit mehr Goodwill zu als wildfremden Werbestimmen. Und akzeptieren klaglos auch das eine oder andere Produkte- oder Service-Placement. Was sich nicht nur für die Herausgeber:innen lohnt, sondern auch für die Podcaster:innen selbst: Kürzlich wurde bekannt, dass Podcast-Grösse Joe Rogan seinen mehrjährigen Vertrag mit Spotify verlängert hat.[3] Für 250 Millionen Dollar plus Anteile an den Werbeeinnahmen. Seine erfolgreichsten Ausgaben erreichen bis zu 70 Millionen Hörer und Hörerinnen.

Fun Fact: Seine Folgen gehören mit einer durchschnittlichen Episoden-Länge von über zweieinhalb Stunden auch keineswegs zur Kategorie «snackable Content», die in den Statistiken meist eine höhere Beliebtheit aufweisen kann.

Under the influence

Ähnlich wie bei Podcasts verhält es sich mit Influencer:innen. Auf den ersten Blick für Werbung wenig vielversprechend: Beliebt sind sie bei einem jüngeren Publikum, also dieses mit der geringsten Kaufkraft und der niedrigsten Brand Loyalty. Doch alleine die Tatsache, dass Influencer:innen sichtbar echte Menschen sind und mit einer gewissen Regelmässigkeit in unsere Leben treten, verleiht ihnen eine Glaubwürdigkeit, die durchaus wertvoll ist. Und zwar unabhängig davon, ob sie für ihre Inhalte bezahlt werden oder nicht. Immerhin 30% gaben an, dass Influencer:innen-Empfehlungen für sie kaufentscheidend seien, Tendenz stark steigend. Die meisten der Influencer:innen sind längst nicht mehr einfach ein Teenager mit Handy, sondern betreiben eigene Firmen mit signifikantem Produktionsbudgets. Eine Sparte zieht dabei vorneweg: Unter den 10 grössten Influencer Brands weltweit bieten sechs Beauty-Produkte an. Influencerin Emily Weiss (@emilywweiss) mit 800'000 Instagram-Followern betreibt mit Glossier einen internationalen Beauty-Versandhandel inklusive Brand-Merchandise. Man vertraut der Person, die uns die Produkte empfiehlt, ohne dabei auf eine bestimmte Marke zu bestehen. Wechselt unser:e Influencer:in das Produkt, tun wir es auch.

Prompte Kehrtwende

Da die neuen Medien durch das Internet ausgeliefert werden, unterliegen sie auch derselben Kosten-Nutzen-Rechnung: Wir tauschen gerne Convenience gegen Daten. E-Commerce wird immer beliebter und Social Media etabliert sich als neuer Verkaufskanal. Doch nicht nur: E-Commerce verändert sich auch kanalübergreifend und wird vermehrt zum immersiven Shopping-Erlebnis, oft durch AI gestützt, welches die Inhalte mitkuratiert. Bequemlichkeit ist hier der wichtigste Faktor und nicht immer heisst «Online Shopping» auch «Online Buying», oft wird mehr gescrollt als gekauft. Meist unter Aufsicht der Algorithmen, die jede Nutzung verfolgen und die Nutzer:innen mit weiteren «Angeboten, die Sie interessieren könnten» beliefern. Neu ist, dass auch AI für Rezensionen und Produkte-Empfehlungen befragt wird. Online-Shops setzen wiederum selbst AI ein, um Product Reviews zu generieren.[4] Mit wechselndem Erfolg und mit denselben Bedenken: Kaum hat man von «Prompt Engineering» gehört, ist dieses schon wieder im Begriff, veraltet zu sein: Promptless AI verspricht nicht nur das Resultat, sondern gleich auch die dazugehörige Anweisung mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz zu erstellen. Dies setzt natürlich eine noch stärkere Einbindung von kontextbasierten Daten voraus, deren Beschaffung und Verwendung noch vor einigen Herausforderungen steht: Datenschutz ist weiterhin die grosse Unbekannte in der Medienlandschaft. Die steigende Anzahl der Medien, Kanäle, Nutzer:innengruppen und Organe erschweren es, das komplexe Zusammenspiel von Convenience und Privatsphäre unter ein Dach zu bringen. Nicht nur in der Anwendung, sondern auch, wenn sich Medienschaffende mit Datenschutz befassen müssen.

«Von einer einheitlichen Rechtsprechung beim Thema Datenschutz sind wir de facto weit entfernt.», meint Susanne Dehmel vom Digitalverband Bitkom im ZUKUNFTSREPORT 2024. 


Die Medienlandschaft wird wiederkehrend von technologischen Entwicklungen durchgeschüttelt. Für jene, die diese Veränderungen mitverfolgen und antizipieren, ergeben sich auch Chancen. Als Agentur stehen wir dir zur Seite, durch das Dickicht der Medien zu navigieren und helfen, die Nischen und unentdeckten Möglichkeiten zu finden, die für deine Zielgruppen relevant sind.

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